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Was ist erhöhtes Psychoserisiko / UHR?

Aber zuvor: Was ist überhaupt eine Psychose?

Als Psychosen werden Erkrankungen benannt, die mit einer deutlichen Verkennung der Realität, mit Halluzinationen und Wahnvorstellungen und mit Veränderungen des Denkens und Fühlens einhergehen. Es handelt sich dabei um psychiatrische Erkrankungen – Erkrankungen, die das Gehirn betreffen. Ursächlich sind zumeist verschiedene Faktoren involviert, die im Zusammenspiel zur Erkrankung beitragen und nicht für sich alleine erklärend sind. Psychosen sind behandelbar und sollten auch rasch behandelt werden. Vielen Erkrankungen gehen Frühsymptome voraus: Veränderungen, die subtil oder auch belastend sein können. Auch Psychosen geht in den meisten Fällen ein solches „Prodromalstadium“ voraus. Hierbei können zunächst unspezifische Beschwerden auftreten, wie Konzentrationsstörungen, Schwierigkeiten beim Einschlafen, gedrückte Stimmung, Reizbarkeit, Rückzug. Manchmal entwickeln sich solche Beschwerden weiter, so dass Veränderungen der eigenen Wahrnehmung, des Erlebens, des Fühlens und des Denkens entstehen können.

Was bedeutet das konkret?

Wahrnehmungsveränderungen

Das sind Unsicherheiten oder Veränderungen in der Sinneswahrnehmung. Beispiele: Gegenstände werden optisch wie durch einen Zoom-Effekt herangezogen – Schatten, die immer wieder im Augenwinkel auftauchen – Gegenstände werden als andere Dinge verkannt – Geräusche wirken lauter als sonst – der eigene Name wird öfter gerufen – das Handy scheint zu läuten, obwohl niemand anruft – eine Berührung wird gespürt, obwohl niemand da ist etc.

Veränderung des Erlebens

Das sind Unsicherheiten oder Veränderungen in der Art, wie wir uns und die Welt erleben. Beispiele: Zufällige Begebenheiten werden stärker auf sich selbst bezogen – Andere Menschen scheinen einen intensiver anzuschauen – Andere Menschen wirken manchmal grundlos bedrohlich – Unsicherheit, ob andere Menschen die eigenen Gedanken hören können – die Welt wirkt irgendwie anders, weniger echt als sonst

Veränderungen des Denkens

Das sind Unsicherheiten oder Veränderungen, die Denkabläufe betreffen. Beispiele: Konzentrationsstörungen – Gelesenes wird nicht mehr so gut verstanden wie bisher – Das Lernen fällt schwer – Im Gespräch wird der Faden öfter verloren – Gedanken geraten durcheinander oder schieben sich plötzlich in einen Gedankengang. usw.


Hinter solchen Veränderungen können psychische Belastungen unterschiedlicher Natur liegen. Manchmal treten solche Erlebnisse und Phänomene einfach so auf, auch bei Personen, die keine Erkrankung entwickeln.

Manchmal können diese Symptome Hinweise sein, dass ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer psychotischen Erkrankung besteht. Spezialisierte Einrichtungen sind dafür da, mittels ausführlicher Untersuchungen diese Beschwerden abzuklären.

Wenn Symptome, wie oben beschrieben oder ähnliche Beschwerden, in einer bestimmten Häufigkeit und einer bestimmten Intensität auftreten, können diese mit einem erhöhten Psychoserisiko einhergehen. Das wird “ultra-high risk” (UHR) oder “clinical high risk” (CHR) genannt. Das bedeutet, dass das Risiko, dass sich in den kommenden Jahren eine psychotische Erkrankung entwickelt, deutlich höher ist als bei Personen, die solche Beschwerden nicht erleben. 

Erhöhtes Risiko ist allerdings nicht mit unweigerlichen Vorboten gleichzusetzen. So entwickeln etwa 20–30 % der Personen mit solchen Beschwerden im Verlauf von 3 Jahren eine Psychose. Nichtsdestotrotz ist das einerseits deutlich mehr als in der Allgemeinbevölkerung und andererseits sind auch andere, dahinter liegende Belastungen möglicherweise behandlungswürdig.

Die Beschwerden, die als UHR zusammengefasst werden, können, abgesehen von der Psychose, unterschiedliche Verläufe nehmen. Die Symptome können immer wieder aufflackern. Die Symptome können bestehen bleiben. Die Symptome können abklingen und verschwinden.

Welche Möglichkeiten gibt es?

Eine Abklärung solcher Beschwerden in spezialisierten Einrichtungen ist wichtig, um eine entsprechende Behandlung in die Wege leiten zu können. Denn Früherkennung beinhaltet in der Medizin stets auch den Willen zur Vorbeugung von Erkrankungen und / oder zur frühzeitigen Behandlung etwaiger Symptome, um eine Verschlechterung nach Möglichkeit zu verhindern und um Beschwerden zu lindern. Im Rahmen ausführlicher Untersuchungen wird geklärt, wie die Beschwerden zu erachten sind. Handelt es sich um Symptome, die auf ein erhöhtes Psychoserisiko hinweisen könnten? Handelt es sich um Symptome einer bereits bestehenden Psychose? Handelt es sich um andere Symptome?

Wenn die Kriterien für einen UHR-Zustand erfüllt sind, werden individuelle und evidenzbasierte Maßnahmen besprochen und in gemeinsamer Entscheidung in die Wege geleitet. Stets werden gesprächstherapeutische und psychologische Behandlungen empfohlen. Gegebenenfalls können medikamentöse Behandlungen sinnvoll sein.

Ziel ist es, einerseits ein Wissen darüber zu erlangen, was jede Person selbst für sich und die eigene Gesundheit tun kann. Andererseits die Beschwerden zu lindern. Und drittens eine Weiterentwicklung der Symptome zu verhindern.

Was kann jede Person selbst tun?

Keine Drogen nehmen!

Drogen – nicht verordnete psychotrope Substanzen – sind ein klarer Risikofaktor für die Entwicklung von psychotischen Symptomen und können solche auch triggern. Das gilt auch und explizit für THC!

Professionelle Hilfe und Unterstützung suchen

Eine Abklärung von Beschwerden, die das Fühlen, Denken, Erleben betreffen, und die einen selbst beeinträchtigen, sollte über Fachärzt:innen für Psychiatrie erfolgen. Dabei werden die Symptome genau erfasst und evaluiert, worum es sich hierbei handelt. Entsprechend der Beschwerden und des Ergebnis der Untersuchungen werden individuelle Lösungen und Hilfestellungen angeboten.

Angehörige einbeziehen

Nachdem Menschen in sozialen Kontexten leben und diese auch essentiell für uns alle sind, ist es oft hilfreich, Angehörige bzw. nahe Bezugspersonen einzubinden. Veränderungen im Denken, Fühlen, Erleben sind oft auch für Angehörige bemerkbar. Für die betroffene Person kann es sehr hilfreich sein, wenn Bezugspersonen Bescheid wissen, worum es sich handelt und auch unterstützen können.

Auf ausreichend Schlaf achten

Ausreichender Schlaf ist für uns alle wichtig. Im Schlaf regenerieren wir uns. Schlafmangel führt bei vielen Menschen zu Stimmungsschwankungen, Gereiztheit und kann auch dazu beitragen, dass bestimmte psychische Beschwerden ausgeprägter werden.
Weitere individuelle Maßnahmen werden stets besprochen.